Dienstag, 10. Januar 2017
V, 1994
V war Arzt. Er war nicht mein Arzt, aber er war mein erster Chef. Ich saß in den Sommerferien aushilfsweise zweimal die Woche am Telefon, suchte Patientenakten heraus, verteilte Patienten auf die richtigen Zimmer und bekam 10 Mark die Stunde.

Am Ende der drei Arbeitswochen fehlten mir noch 200 Mark. Ich wollte verreisen, das war teurer als gedacht. Ich habe weder vorher noch nachher jemals Geld genommen. Aber als V mir über den Rücken strich, sagte ich nur: 200.

Es war kein besonders guter Sex. Vs Schwanz wurde nicht richtig fest. Er hatte langes, ungepflegtes Schamhaar, aber die Vorstellung, es für Geld mit einem älteren Mann zu tun, erregte mich so, dass ich zweimal kam. Ich weiß nicht, warum ich nie wieder Geld gefordert habe.

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Montag, 9. Januar 2017
E, 2016
Am zweiten Weihnachtstag treffen sich die Altschüler in einer Kneipe in der Altstadt. Dieses Jahr ist auch E da. E kommt selten, er arbeitet seit ein paar Jahren in den USA. Ich glaube, er ist sehr erfolgreich, spricht auf internationalen Tagungen und wird öfters in der Presse erwähnt.

Als Schüler war E verschroben. Ein bleicher, dünner Kerl, der einen nie ansah und über die gesamte Oberstufe hinweg nur zwei Hosen trug. Sein Vater sprach nie. Seine Mutter hatte sich erhängt.

Als ich zum Auto meiner Mutter gehe, folgt E mir. Als ich mich umdrehe, nimmt er mir den Schlüssel aus der Hand. Du bist doch betrunken, sagt er. Ich fahre dich heim.

Vorm Haus meiner Eltern bleibt E stehen. Ob ich noch Zeit für ihn hätte, fragt er und legt mir die Hand aufs Knie. Es ist eine seltsame Situation, nicht besonders sexuell, aber ich bleibe trotzdem sitzen und schaue E an. Wieso nicht, sage ich. E fährt weiter. Unterwegs schaue ich E von der Seite an. Ich habe keine Ahnung, warum ich zugesagt habe.

Vor einem Hotel parkt er. Er hat ein Zimmer mit Seeblick. Über den Bäumen auf der anderen Seite des Sees sehe ich die Dachfenster meiner Eltern.

E ist völlig ungelenk. Er küsst mich auf die Augen und auf den Mund, zieht erst mich und dann sich aus und hat sichtlich Schwierigkeiten, das Kondom aus seiner Packung und über seinen Schwanz zu stülpen. Als ich ihm das Gummi aus der Hand nehme, ist er sichtlich erleichtert.

Es Haut ist eiskalt, aber er schwitzt. Ich fühle mich weniger erregt als therapeutisch herausgefordert. Ich flüstere ihm beruhigende Sätze ins Ohr, knie mich über ihn und reite ihn langsam erst flach, dann tiefer. Nach weniger als zwei Minuten kommt er. Als er neben mir liegt, laufen ihm ein paar Tränen über die Wangen.

Ich stehe auf und ziehe mich an. Ich muss nach Hause, sage ich. Wie oft, wenn es emotional wird, fehlen mir die Worte. Pass gut auf dich auf, sage ich deswegen nur. In der Tür kehre ich noch einmal um und küsse E auf Stirn und Mund. Dann fahre ich nach Hause.

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Samstag, 31. Dezember 2016
P, 2016
Ich treffe P am Neujahrstag 2011 bei einer Freundin beim Brunch. Es geht so ein bisschen hin und her. Wir verabreden uns, aber dann ist P krank. An dem Donnerstag, an dem ich P treffen wollte, gehe ich deswegen mit einer Freundin aus und lerne R kennen. Zum Treffen mit P kommt es nicht mehr.

Fünf Jahre später treffe ich P bei einem Konzert in Neukölln. Wir tanzen und trinken. Schließlich stehen wir vor meiner Haustür.

Kommst du mit hoch, frage ich, aber P lehnt ab. Er wird Ende Januar Vater. Schade, sage ich und P nickt. Schade.

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